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In Bild und Ton | Staat und Literatur

© Eric Schumacher

Das war:
2. Staat und Literatur | 08.09.2016

(Reglementierung und Freiheit | Überwachung und Knete | Leben jenseits des
Staates)

Wir bewegen uns im Kontext staatlicher, aber auch privater Überwachungsmaschinerien, die permanent informationelle Macht über uns erzeugen und Bewegungsprofile anlegen. Wir erleben den Verlust persönlicher Wirkungskraft und begreifen uns zusehends als Objekt staatlicher Instrumentalisierung und deren Steuerungsmodelle, fühlen uns gegängelt durch Nudging, Verhaltensökonomie, Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und andere smarte Macht- und Regulierungstechnologien. Wäre Anarchie eine Befreiung zur Mündigkeit, die den selbstverantwortlichen Menschen überhaupt erst ermöglichen würde? Und wie leben und schreiben wir bis dahin, angesichts zivilisatorischer und aufklärerischer Rückschritte in der Gesellschaft?

Teilnehmer:
Bert Papenfuß, Stefan Blankertz, Hendrik Jackson (Moderation)
Datum: Donnerstag, 8. September 2016
Zeit: 20 Uhr
Ort: Bassy Club (Lounge)
Schönhauser Allee 176 a | 10119 Berlin
U2 Senefelder Platz
Eintritt: 3 € / 5 €

Bert Papenfuß (* 1956) ist eine alte Prenzlauer Berg-Größe und aktiv als Lyriker, Aktivist und Betreiber von Kulturspelunken wie dem Torpedokäfer oder Rumbalotte continua. Sein Schreiben war schon immer explizit politisch. Er versteht Literatur auch als Ausdrucksform radikaler Gegenentwürfe und Denkweisen, als Rebellion und Fundamentalkritik.

Stefan Blankertz (* 1956) entwickelt seit Jahren unkonventionelle Ideen und subversive Gegendiskurse gegen „das kälteste aller Ungeheuer“, den Staat. Seine Prämisse: der Klassenkampf ist nicht vorbei. Er streitet für gesellschaftliche Strukturen, die sich nicht gegen die menschliche Natur richten. Auch als Redaktionsbeirat der Zeitschrift eigentümlich frei wendet er sich gegen staatlichen Interventionismus.

Hier zum Nachhören auf litradio.net.

Die kommenden Veranstaltungen:

Unter dem Motto Literatur unter Einfluss – Schreiben unter Druck startet der Berliner Parlandopark ab August 2016 eine neue Reihe von vier Gesprächslesungen, die um ausgewählte gesellschaftliche Veränderungskomplexe kreisen, von denen wir alle betroffen sind.
Anhand von vier Themenschwerpunkten werden die massiven Auswirkungen auf Leben und Schreiben von AutorInnen diskutiert und Fragen gestellt, wie Literatur mit Druck von außen umgeht, wie sie auf veränderte Rahmenbedingungen und Einflusssphären reagiert und welche neuen Formen der Einmischung entwickelt werden können.
Eingeladen werden Persönlichkeiten aus vier Generationen, die der freien Literaturszene Berlins nicht nur als herausragende AutorInnen, sondern auch als KritikerInnen, TheoretikerInnen, AktivistInnen und Provokateure ihren Stempel aufgedrückt haben.
Zu diesem Anlass öffnet sich im Prenzlauer Berg die Tür des Bassy Clubs, mit Aussicht auf herrliches Unwetter.

3. Atmosphären | 17.11.2016
(Flüchtiges | Stimmungen | Anthropozän)

Ist die Gerinnung einer flüchtigen Atmosphäre, von Stimmungen und Stimmungsvielfalt zu textlichen Anordungen nicht immer auch ein Verlust? Inwiefern geht dabei immer ein Stück Unschuld verloren, während Klarheit und Erkenntnis gewonnen wird? Zugleich unterliegt die Erde und die Erdatmosphäre im Zeitalter des Anthropozäns massiven Veränderungen. Grundfragen im Spannungsverhältnis von Ökologie und Humanität sind tangiert, was Humanität in Zeiten von Klimawandel, Landnutzungsänderungen und Verlust von Biodiversität anrichtet. Welche Auswirkungen hat dies auf das Projekt der Moderne, auf die Sprachenvielfalt (34 % der Sprachen gelten als bedroht oder sterbend), auf sprachliche Ausdrucksformen. Wie wirkt sich dies auf unsere Lebensgestaltung aus, auf unsere Narrative und Schreibmaximen?

TeilnehmerInnen:
Elke Erb, Daniel Falb, Steffen Popp (Moderation)
Datum: Donnerstag, 17. November 2016
Zeit: 20 Uhr
Ort: Bassy Club (Lounge)
Schönhauser Allee 176 a | 10119 Berlin
U2 Senefelder Platz
Eintritt: 3 € / 5 €

Elke Erb (* 1938) reflektiert als Lyrikerin, Lektorin und Übersetzerin wie kaum eine andere „die Inschriften unter der Haut“, die Sprache der Wahrnehmung. Ihre blitzartig sich verästelnden Gedankengänge und gegen sich selbst gewendeten Anmerkungen zu Beobachtungen weisen in einer besonderen Art der geistigen Exaktheit Verlaufsspuren ungeahnter Einflüsse nach – „bis ins Vormenschliche, Tierliche, Pflanzliche, Erdzeitliche“ – oder wie der Titel einer ihrer Gedichte lautet: „Selbstgespräche sind nur Meeresrauschen.“

Daniel Falb (* 1977) fordert seit längerem im Angesicht eines neuen geologischen Zeitalters, des Anthropozäns, eine neue Literatur, eine Terrapoesie, die sich explizit auch mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit Entgrenzungsdiskursen auseinandersetzt. Seine extraterrestrische Perspektive auf die Erde stellt die Frage nach Atmo- und Anthroposphären ganz anders, nicht zuletzt, inwieweit der Mensch selbst Teil einer von ihm in Gang gesetzten sechsten Welle des Massenaussterbens sein wird.

Ob sich der Lyriker Steffen Popp (* 1978) in den „Hohlraum der Zeiten“ vorwagt, einem „elefantischen Pan im Porzellantrakt der Musen“ huldigt oder über die „Missgunst der Kontinente“ klagt – immer sind Einfallsreichtum und Überfallpotential der Gedichte Steffen Popps sprichwörtlich. Heißt es in der Laudatio an den Peter-Huchel-Preisträger. Nur was wir in poetische Praxis umsetzen, kann, laut Steffen Popp, guten Gewissens als ‚anthropologisch gemeistert‘ gelten.

Mit freundlicher Unterstützung:

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